Unsere Vorfahren haben auf brutale Weise gelernt, was Menschen zustößt, die Risiken eingehen. Die Risikoscheuen konnten ihre Gene an die nächste Generation weitergeben, während die Risikofreudigen auf den Speiseplänen von Bären, Löwen und Wölfen landeten. Natürliche Selektion.
Es überrascht daher nicht, dass wir heute den Begriff »Risiko« mit einem negativen Ausgang einer Aktion verknüpfen. Wir fürchten die Nachteile, Verluste und Schäden die mit Risiken einhergehen.
Im Finanzsektor ist der Risikobegriff weiter gefasst. Hier ist mit Risiko die Wahrscheinlichkeit einer Abweichung zwischen einer Erwartung und der Wirklichkeit gemeint.
Jedes Ergebnis kann negativ aber auch positiv von der Erwartung abweichen. Mit steigendem Risiko erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit einer Abweichung.
Ein Praxisbeispiel: Entscheidet sich eine Person dafür, im öffentlichen Dienst zu arbeiten, verringert sie dadurch ihr Einkommensrisiko. Langfristige Perspektive, Besoldung und Pension sind relativ sicher.
Aber das niedrige Risiko wirkt gleichzeitig in die andere Richtung. Denn wie wahrscheinlich ist es, dass die Wirklichkeit positiv von der Erwartung abweicht? Eben genauso wie das Verlustrisiko – nahe Null.
Gegenbeispiel: Ein Start-up wird gegründet, um ein neues Produkt zu entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erwartung an dieses Vorhaben nicht der Wirklichkeit entspricht ist hoch. Von Totalausfall bis Welterfolg ist alles möglich.
Wenn Sie jetzt denken, dass sich diese Erkenntnisse mehr nach gesundem Menschenverstand als nach abstrakter Finanztheorie anhören, haben Sie recht.
Unser Leben ist von Wahrscheinlichkeit und nicht von Gewissheit geprägt. Niemand kann vorhersagen, wie die Welt in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren aussieht. Welche Werte wichtig sein werden. Was dann Priorität hat.
Vielleicht neigen wir auch deshalb zur Risikoaversion, weil wir so die Illusion der Kontrolle über unser Umfeld aufrechterhalten können. Unser Bedürfnis nach Sicherheit befriedigen.
Aber Dynamik entfaltet sich mit dieser Einstellung eben nicht. Man kann nichts Neues erschaffen wenn der Mut zum Risiko fehlt.
Menschen die unternehmerische Risiken eingehen sind die Minderheit. Aber diese Minderheit verändert die Welt. Das zeigt sich in allen Bereichen unserer Gesellschaft.
Die Frage ist wie so oft nur, welchen Weg wir einschlagen. Schwimmen wir mit dem Strom oder wagen wir das Unbekannte? Das muss jeder für sich selbst beantworten.
Aber eins ist klar: Wenn wir uns am Durchschnitt ausrichten, weil wir auf Nummer sicher gehen wollen, sollten wir kein außergewöhnliches Ergebnis erwarten.
