Kaum etwas zeigt unseren Willen, den Drang sich weiterzuentwickeln so schön, wie Kinder die laufen lernen. Die Kleinen sind ungefähr ein Jahr alt und versuchen etwas, dass sie bisher nichtmal ansatzweise beherrschen.
Sie machen Fehler, holen sich Beulen oder Schrammen aber sie machen weiter. Solange bis es klappt. Als nächstes im Programm: klettern, schwimmen, radfahren. Alles gefährlich und unbekannt. Kein Problem für die Kleinen. Sie wollen mehr.
Sie sagen ständig »Warum?«. Hinterfragen alles, möchten Dinge verstehen und dann umsetzen was sie gelernt haben. Sachen alleine machen, besser werden. Aus Eigeninteresse mehr Kontrolle über ihren eigenen Körper und ihr Umfeld gewinnen.
Haben die Kids dabei manchmal Angst und zögern bei neuen Herausforderungen; ja klar. Bewältigen das manche besser als andere; definitiv. Aber sie treibt es ständig vorwärts.
Und jetzt spulen wir 25 Jahre weiter. Die Schule hat am Anfang noch Reize gesetzt, später für die meisten nicht mehr. Ausbildung oder Studium; macht keinen großen Unterschied. Mit Fleiß und Auswendiglernen schafft man beides locker.
Kritisches hinterfragen wird genauso systematisch ausgetrieben wie das Suchen und Finden von einzigartigen Lösungen. Wer eine gute oder sehr gute Note will lernt im Buch die Seiten 38–272. Warum ist das relevant? Bringt mich das im Leben weiter? Hilft mir das später im Berufsleben?
Leider nicht – im Gegenteil: Was wir dadurch Menschen seit Jahrzehnten in die Schädel hämmern ist, dass sie belohnt werden wenn sie das machen was ihnen aufgetragen wird.
Wir hatten einen großen Bedarf an Menschen mit dieser Prägung. Nach den Kriegen im letzten Jahrhundert. Ich bin dankbar für das was hier in der Nachkriegszeit aufgebaut wurde, aber heute stehen wir anderen Herausforderungen gegenüber.
Diese Denk- und Verhaltensmuster bringen uns nicht mehr weiter. Das zeigt sich in unserem ganzen Gesellschaftssystem. Überall spüren wir die Angst Fehler zu machen. Wir verwalten anstatt zu gestalten. Politik und Wirtschaft im Einklang. Bitte keine Risiken eingehen. Weiter wie bisher.
Wo ist der Mut? Die Lust am Entdecken? Der Spaß etwas Neues zu versuchen. Wir können mehr. Unsere Kinder können das doch auch. Sie sind das Vorbild nicht wir. »Weiter wie bisher« ist keine erfolgreiche Strategie. Und sie war es auch noch nie.
Wir brauchen den Drang zurück, besser werden zu wollen. Aus Eigeninteresse und nicht weil es jemand von uns verlangt. Die Neugier und die Willenskraft die bei Kindern so selbstverständlich ist.
Nur wenn wir Fragen stellen, etwas wagen, Fehler machen und daraus lernen machen wir Fortschritte. Entwickeln uns weiter.
Und externe Krisen sind keine Ausrede. Die wird es immer geben, daran können wir nichts ändern. Was wir aber ändern können ist, wie wir Probleme anpacken.
