Eine Ansicht rastet ein

Wenn Ihre Weltsicht so bleiben soll wie sie ist: Lesen Sie nicht weiter. Sie sind noch hier?

Menschen sehen das Gleiche und erkennen etwas anderes. Ich wundere mich immer wieder, wie schwer es uns fällt, diese Tatsache zu begreifen.

Es liegt nicht an den anderen Menschen, sondern daran wie unser Verstand funktioniert.

Unsere Sinne senden permanent Daten an unser Gehirn. Hier werden sie in Bruchteilen von Sekunden gefiltert, auf Muster untersucht und Kategorien zugeordnet.

An unseren Verstand wird nur eine kleine Auswahl aller Eindrücke übermittelt. Seine Aufgabe ist, aus diesen Fragmenten Ansichten zu formen, Prognosen zu stellen und Entscheidungen zu treffen.

Unser Verstand ist sehr gut darin, aber eben nicht perfekt. Er macht Fehler und kann leicht überlistet werden.

Was sehen Sie hier? Einen dreidimensionalen Würfel? Ist die graue Fläche im Vorder- oder im Hintergrund?

Wenn Sie sich konzentrieren, können Sie zwischen beiden Varianten hin und her springen. Sie spüren den Moment, in dem die alte Ansicht verschwindet und die neue einrastet.

Unser Verstand ist aber nicht in der Lage, gleichzeitig beide Ansichten zu halten. Er muss sich entscheiden. Sind Urteile einmal gebildet, ist es nur durch Wille und Konzentration möglich, sich weiteren Einsichten zu öffnen.

Manche Denkmuster verankern sich so tief, dass es unmöglich ist, sie aufzubrechen. Nehmen wir den Würfel als Beispiel. Wir sehen ihn in drei Dimensionen: Höhe, Breite, Tiefe.

Doch Pixel werden nur mit zwei Koordinaten – Höhe und Breite – auf einem Display zugewiesen. Die Tiefe ist nicht vorhanden, sie wird in unseren Köpfen erzeugt.

Um unseren Verstand zu täuschen, reichen zwei Quadrate und vier Linien. Hier sehen Sie, wie die Illusion in sechs Schritten entsteht:

Die meisten Erwachsenen sind nicht mehr in der Lage, die 3D-Perspektive auszuklammern. Durch Erfahrungen hat der Verstand eine Ansicht geformt und hält an ihr fest.

Wenn schon ein paar Striche auf einem Display unterschiedlich gedeutet werden können, wie verhält es sich dann, wenn wir die Welt mit all ihrer Komplexität betrachten?

Alles was in unseren Köpfen abläuft, ist durch Subjektivität und Kontext geprägt. Viele Variablen spielen eine Rolle: Werte, Alter, Kultur, Gesetze, Religion, Vorlieben und so weiter. All das wirkt mit, wenn unsere Ansichten entstehen.

Und das ist nur der Teil, den wir einigermaßen zuordnen können. Im Hintergrund werden Daten gefiltert, ausgewählt und angepasst, um das System nicht zu überlasten.

Und trotzdem sind wir davon überzeugt, dass wir die Wirklichkeit in allen Facetten begreifen, Fakten objektiv bewerten und unsere eigene Meinung die richtige ist.

Ich denke wir überschätzen unser Wissen. Ansichten von Individuen, Organisationen und Nationen werden sich immer unterscheiden und mit der Zeit verändern. Unsere Wahrnehmung ist und bleibt ein subjektiver Vorgang.

Genau dafür gilt es, Methoden und Systeme zu entwicklen. Werkzeuge, die uns dabei helfen, unterschiedliche Perspektiven zu sehen. Im Kern geht es darum, den eigenen Horizont zu erweitern, um bessere Entscheidungen zu treffen.